Friedrichshain zwischen 33 und 45 – Horst-Wessel-Stadt

Vor kurzem habe ich mich mit der Umbenennung von Straßen und Plätzen befasst, historisch gesehen eine hochspannende Sache. Dabei stach mir eine weitere Umbenennung ins Auge, wohl die radikalste ihrer Art: von 1933 bis 1945 hieß Friedrichshain Horst-Wessel-Stadt.

In Bielefeld geboren und in einem kaisertreuen, christlichen Elternhaus aufgewachsen trat Horst Wessel (1907 – 1930) 1926 in Berlin in die NSDAP und gleich auch in die SA ein. Damit war er wohl – für seine Verhältnisse – ein Mann der ersten Stunde. Obwohl es mir eher so scheint, dass er mit 16 oder 17 noch ein ziemlicher Junge gewesen sein muss. Und sehr viel älter ist er ja dann auch nicht mehr geworden.

Im Mai 1929 wurde Horst Wessel SA-Sturmführer in dem zu der Zeit kommunistisch dominierten Friedrichshain, wo er bis zu seinem Tod die SA-Arbeit organisierte. Das bedeutete vor allem, dass die Arbeiterbezirke unter seiner Führung gezielt mit braunen Aufmärschen oder Störungen von linken Versammlungen provoziert wurden. Ein Überzeugungstäter, so könnte man sagen.

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Horst Wessel an der Spitze seines SA-Sturms (Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 147-0503, ohne Angabe, 1929)

Horst Wessel starb jedoch bereits mit 22, drei Jahre vor der nationalsozialistischen Machtergreifung. Im Januar 1930 wurde er von dem KPD-Mitglied Albrecht Höhler in seiner Wohnung aufgesucht und in den Kopf geschossen. Ungeklärt sind die genauen Umstände, offiziell soll es sich um eine Mietstreitigkeit gehandelt haben, an der verschiedene Personen Anteil hatten. Darüber hinaus gab es Gerüchte über ein in der Wohnung befindliches Waffenlager und anderes brisantes Material. Ein konkreter politischer Anlass für den Mord ist jedoch nicht erwiesen. Sicher ist aber auch, dass Horst Wessel in Friedrichshain bekannt und berüchtigt war. Er starb im Februar 1930 in dem Krankenhaus am Volkspark Friedrichshain.

Der eigentliche Ruhm Horst Wessels begann nach seinem Tod. Er wurde zu einem der wichtigsten Märtyrer des Nationalsozialismus aufgebaut, Goebbels rückte ihn gar in die Nähe der Christusfigur. Mit der Machtergreifung 1933 wurde ganz Friedrichshain nach ihm benannt, auch das Krankenhaus trug bald seinen Namen, ebenso der heutige Rosa-Luxemburg-Platz. (Seit 1969, 1947–1969 nur Luxemburgplatz;  weitere Namen waren: 1907–1910 Babelsberger Platz, 1910–1933 Bülowplatz, 1933–1945 eben Horst-Wessel-Platz und 1945–1947 Liebknechtplatz. Was für eine Reihe!) Das alles fand selbstverständlich im Jahr 1945 ein deutliches Ende.

Besonders nachhaltig dagegen wirkte das Horst-Wessel-Lied, eine vermutlich alte, überlieferte Melodie, zu der Horst Wessel den Text verfasst hatte. Zunächst das Kampflied der SA wurde es später zur Parteihymne, die – dem Deutschlandlied fest an die Seite gestellt – so manchen erhoben Arm erlahmt hat. In den Köpfen vieler Deutscher klang es jedoch noch lange nach, wie zum Beispiel der Berliner Schriftsteller Heinz Knoblauch noch 1993 berichtet:

 „So kommt es, wenn ich heute das ‚Deutschlandlied‘ höre, hören muß, immer noch, daß es bei mir, sobald der letzte Ton verklungen ist, im Kopfe nahtlos weitergeht: ‚Die Fahne hoch!‘ Ich will das nicht! Es kommt von selber. So ist das, wenn eine neue Regierung sich nicht konsequent vom Alten trennen mag.“ (Quelle: Wikipedia)

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