Susanne am
18. Oktober 2010

Der Bahnhof Ostkreuz im Wandel

Bahnhöfe sind ein Thema. Stuttgart 21 ist seit Wochen, wenn nicht seit Monaten, ein Top-Thema. Und das wird es wohl auch noch eine ganze Weile bleiben. Auch hier in Berlin sind Bahnhöfe umstritten, nicht zuletzt auch dieses einsame Ufo an der  Spree. Der Berliner Hauptbahnhof kann allerdings als fertiggestellt betrachtet werden, seit der offiziellen Eröffnung im Mai 2006, zumindest was das Gebäude angeht. Das wüste Umfeld, nun ja, darüber kann man streiten.

Foto mit freundlicher Genehmigung des Ostkreuzblogs

In Friedrichshain wird seit 2006 das neue Ostkreuz (PDF)  gebaut. Ein schicker Glaspalast, wie so zurzeit üblich. Funktional, aber gesichtslos und kalt. Nichts mehr mit dieser wunderbaren Bahnhofsromantik, die dort bis vor kurzen zu finden war. Alles verfallen und verkommen, dazu ein riesiges Chaos. Eine Katastrophe, ich weiß. Als Bahnhof unmöglich. Keine Frage.

Trotzdem bin ich traurig, immer noch. Kurz bevor es so richtig losging mit dem Umbau, kam ich regelmäßig am Ostkreuz vorbei. Und ich habe es geliebt, das kann ich aus vollem Herzen sagen. Diese Liebe brauchte zwar seine Zeit, das stimmt. Zunächst einmal bin auch ich im alten Ostkreuz hoffnungslos ersoffen. Natürlich habe ich mich rettungslos verlaufen, etliche Male, in diesem vor sich hingammelndem Durcheinander. Wobei ich sagen muss, dass es mir am Alex zum Beispiel so viel anders auch nicht geht.

Nach einer Weile aber erschien mir das Ostkreuz einfach nur wunderbar. Einzigartig kam ich mir vor, wie mitten in einer eine Zeitreise gelandet. Wo gibt es das schon, außer in Büchern vielleicht? Welcher Bahnhof kann das noch von sich behaupten? Ein Bahnhof, der tatsächlich noch Sehnsucht zu tragen in der Lage war.

Das ist vorbei, ich weiß. ich traue mich kaum noch dahin. Denn ich bin traurig, wenn ich das hier sehe:

Foto: Broschüre der Deutschen Bahn (PDF)

Die Bauarbeiten lassen sich übrigens hervorragend im Ostkreuzblog mitverfolgen, wo in loser Folge und mit vielen Fotos darüber berichtet wird. Und wer nach der alten Romantik sucht, für den ist Lostkreuz ein Muss! Dort findet sich eine traumhafte Bilder vom alten Ostreuz, die von verschiedenen PhotographInnen stammen. Die Aufnahmen reichen übrigens zum Teil Jahre oder auch Jahrzehnte zurück, es handelt sich also um tiefe Einblicke in diesen im Verschwindenen begriffenen, zu Lebzeien bereits aus der Zeit gefallenen Ort.

ClaudiaBerlin am
14. Oktober 2010

Bäume ab: Kettensägenmassaker in der Puschkinallee beginnt

Ich dachte, ich träume, als ich es grade in der Abendschau hörte: Berlins schönste Allee werde es SO bald nicht mehr geben, meldete die Sprecherin mit ungebrochen fröhlichem Lächeln. Ein Pilzbefall mache die jetzt beginnenden Fällarbeiten in der Puschkinallee nötig, hunderte Bäume kämen weg. Schnitt, nächstes Thema – wie sie halt so ist, unsere Berliner Abendschau.

Für immer vorbei: der wunderbare Blätter-Dom

Eine kurze Google-Recherche ergab dann doch ein wenig differenziertere Infos: Nicht die denkmalgeschützten Platanen sollen weg, sondern die „sie bedrängenden“ Eichen. Die Platanen seien durch Pilzbefall, Bauarbeiten, Gaslecks und eben zu nahe kommende Eichen geschwächt. Was bedrängt, soll nun weg, doch auch die Platanen werden radikal beschnitten: Mit dem schönen Blätterdach hoch über der Straße wird es für immer vorbei sein.

In der Berliner Zeitung vom 14.10. heißt es dazu:

„Das einzigartige Blätterdach über der Puschkinallee wird es nicht mehr geben. Die Platanen sollen oben nicht mehr zusammenwachsen. Stadtrat Schneider: „Wir sollten eine drei, vier Meter breite Lücke akzeptieren und uns dafür an gesunden Bäumen erfreuen.““

Ab nächster Woche sollen also Sträucher, Gehölze und 300 Bäume (!!!) gefällt werden. Der Beschnitt der Kronen soll im Mai 2011 folgen (also genau dann, wenn die Vögel brüten – irre!). 100 neue Bäume will man irgendwann „später“ nachpflanzen.

Persönlich finde ich die ganze Aktion ziemlich überdimensioniert. Man könnte die Kronen sicher auch behutsamer auslichten und dafür eben öfter beschneiden, wenn sie wirklich „zusammen wachsen“, dass ihnen (so heißt es) die Luft fehlt. Und ob wirklich 300 gesunde Bäume sterben müssen, damit die Platanen weiter leben?

Ich hab‘ grade einen hochgradigen Brass auf das schnelle und „vorschriftsmäßige“ Bäume-Fällen in Berlin. Radikale, unästhetische „Vorratsbeschnitte“ direkt vor meiner Haustür, automatisches Fällen uralter Fichten beim Pächterwechsel in meiner Kleingartenanlage – ich find’s einfach nur zum Kotzen!

ClaudiaBerlin am
11. Oktober 2010

Berlin bei Nacht

So hieß der Song, der 1979/1980 meine frische Faszination von Berlin unterstützte. Jetzt URALT – doch lässt es mich noch immer nicht kalt:

Ein paar Jahre später drückte die Neue Deutsche Welle die Liebe zu Berlin zeitgemäß aus:

War es in den 90gern, als der musikalische Berlin-Hype so inhaltsleer wurde`?

Susanne am
8. Oktober 2010

Hufelandstraße im Wandel – Bilder einer Gentrifizierung

Neulich hat es mich ins Bötzowviertel verschlagen, in die Gegend gleich hinter dem Volkspark Friedrichshain also. Vor zwanzig Jahren noch randständiger Prenzlauer Berg, vernachlässigt gegenüber den Plattenneubauten, heute dagegen fast komplett durchsaniert und so gut wie ausverkauft. Natürlich handelte es sich um eine Einweihungsparty von Zugezogenen Berlinern. Aber keine Schwaben, ich schwöre!

Gestern sehe ich dann, dass es im aktuellen GEO-Heft eine ausführliche Fotostrecke über die Hufelandstraße – alt und neu – gibt. Der Fotograf Harf Zimmermann hat die Gegend 1986 komplett für seine Diplomarbeit abgelichtet und sich nun vor Ort auf die Suche nach den damals gemachten Bildern gemacht. Vor allem auch nach den damaligen Bewohnern, das allerdings mit wenig Erfolg. Die Häuser stehen zwar, alle, sind aber kaum noch zu erkennen. Und seine Fragen nach den Menschen wurden nur allzuoft beantwortet mit: verstorben, tot, nicht mehr da, weggezogen, …

Der Stadtsoziologe Andrej Holm schreibt dazu in seinem Gentrification Blog:

Die Aufwertung von Stadtvierteln hat nicht nur eine bauliche, ökonomische und soziale Komponente, sondern geht in der Regel auch mit dem Verlust raumbezogener Erinnerungen einher. Nicht nur gestrichene Fassaden und neue Geschäfte, sondern auch die scheinbar selbstverständlichen Aneignungsstrategien der Zuziehenden konstituieren einen neuen Raum, der nur noch selten Anschluss an die Erinnerung herstellen kann. Kulturelle EntfremdungsEntortungseffekte in Gentrification-Kontexten setzen die üblichen raum-zeitlichen Dimensionen der sozialen Umweltbeziehungen außer Kraft. Wird ‘Stadt’ von neu Zuziehenden definiert, verändert und hervorgebracht, sind  lange Zeiten der Anwesenheit sind dann keine Ressource des Wissens, des Einschätzen Könnens oder des mit dem Ort Vertrautseins mehr. Gentrification in dieser Perspektive ist nicht nur Verdrängung sondern auch biografische Entwertung und Verlust von Erinnerungen.

Susanne am
4. Oktober 2010

Berliner Wassertisch – Unterschriftsammlung im Endspurt

Noch bis zum 27. Oktober, 13 Uhr laufen in der ganzen Stadt die Unterschriftsammlungen der Initiative Berliner Wassertisch, und zwar auf Hochtouren. Es geht darum, die geforderten 172.000 Unterzeichner zusammen zu bekommen, um damit in die zweite Stufe des Volksbegehrens einsteigen zu können.

Das Anliegen ist schnell umrissen, die Unterzeile des Berliner Wassertisches sagt bereits alles: Wasser gehört in Bürgerhand – Schluss mit den Geheimverträgen.  Es geht darum, die unübersichtliche Teilprivatisierung der Berliner Wasserwerke zunächst offenzulegen und anschließend in eine für die Menschen der Stadt sinnvolle Form rückzuführen.

Das ist wichtig, nicht nur, weil es um die Preise geht, die seit Jahren stetig steigen. Wasser überhaupt ist ein Element, das eine Stadt nicht einfach so aus der Hand geben sollte.

[Grafik über die Wasserpreissteigerungen der letzten Jahre, Quelle: Berliner Wassertisch.]

Ich habe bereits vor einigen Wochen unterschrieben, auf der Straße bei einem der vielen Sammler überall in der Stadt. Man kann aber auch in die Bürgerämter oder in eine der anderen Sammelstellen gehen, wo die Listen noch bis zum 27. Oktober, exakt 13 Uhr ausliegen. Bis genau zu diesem Termin kann man seine Unterschriften auch dort abgeben. Also am besten gleich sofort die Formulare (PDF) downloaden: Unterschriftbogen für eine Einzelperson und Unterschriftenliste für bis zu sechs Personen, dann passt es gleich auch für die Familie oder den Freundeskreise, die noch nicht unterschrieben haben. So können alle BerlinInnen schnell noch zu aktiven Sammlern werden.

Susanne am
1. Oktober 2010

Zwingli-Kirche: Lesung mit Iris Gusner und Helke Sander

Am Sonntag, den 3. Oktober wird wieder einmal der seit einigen Jahren verschobene Tag der Deutschen Einheit begangen. Der KulturRaum Zwingli-Straße läd an diesem Tag um 12 Uhr zu einer Lesung:

Iris Gusner und Helke Sander lesen zum Thema „Phantasie und Arbeit – Eine biografische Zwiesprache“

Es dürfte interessant werden, den beiden herausragenden Filmregisseurinnen der 80er Jahre in Deutschland-West (Helke
Sander) und Deutschland-Ost (Iris Gusner) bei einem biografischen Zwiegespräch über das deutsch-deutsche Patriarchat zuzuhören.
Themen, wie sie in den Filmen der Frauenbewegung der Bundesrepublik in den Filmen von Helke Sander in den Achtziger Jahren dominierten, kommen zum Beispiel im Spiegel des DEFA Films so nicht vor.

ACHTUNG: Die Veranstaltungen der Zwingli-Kirche finden in der kalten Jahreszeit im ZUMTOBEL-Lichtzentrum in der Rotherstraße 16 statt.