Berlin am 1. Mai 2009

Es ist noch ein paar Tage hin, doch nächste Woche Freitag ist es endlich soweit. Dann werden wir Bescheid wissen, es selber sehen, miterleben, vielleicht sogar spüren, was geschehen wird an diesem denkwürdigen Tag. Oder aber es in der Zeitung lesen, am Wochenende. Bislang ist dort ja alles nur Spekulation, fast so wie in jedem Jahr. Ein klein wenig schlimmer vielleicht.

Die Morgenpost wittert den Rauch brennender Fahrzeuge,  auch der Tagesspiegel berichtet von Gewaltbereitschaft und Aufrüstung. Ehrhart Körting hingegen hat keine Angst. Linksextreme Gruppen profitieren gar nicht von der Krise, sagt er der Berliner Zeitung. Die CDU hätte vorsichtshalber am liebsten gleich ein Demonstrationsverbot für den Tag.

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Soviel zu dem allgemeinen, alljährlichen Rätselraten, das ohne Zweifel wegen der ohnehin vielbesprochenenen Krise in diesem Jahr besonders gewagt ausfällt. Tatsache ist, daß wider Erwarten in den letzten Jahren jeweils nur wenig Gewalt zu verzeichnen war. Die Nachberichterstattung lobte zwar regelmäßig die gelungenen Deeskalationsstrategien – auf beiden Seiten, eine gewisse Enttäuschung über einen langweiligen 1. Mai war aber mitunter nicht zu überhören.

Eine wirkliche schlüssige Begründung, warum es diesmal anders sein sollte, ist eher nicht gegeben. Sicher, da ist die Krise, die allgemein auf die Stimmung drückt. Vielleicht. Außerdem fällt der 1. Mai in diesem Jahr auf einen Freitag, das scheint praktisch für ein Randalewochenende. Oder etwa nicht? Ganz sicher häufen sich in diesem Jahr die Anschläge auf Autos, Kneipen und andere feindliche Einrichtungen in der Stadt. Das ist eine Tatsache, und meine Freundin in Friedrichshain wird ihr Auto sicherlich irgendwo in Sicherheit bringen. Aber sonst?

Allgemein gehen die Deutschen recht gelassen mit der Krise um, mit den Zumutungen und Einschränkungen, die damit einhergehen, habe ich neulich irgendwo gelesen. Es sei nicht zu erwarten, daß eine größere unzufriedene Masse demnächst protestierend auf der Straße zu finden sei. In Frankreich dagegen sei das grundlegend anders, einige spektakuläre Aktionen, wie etwa das Kidnapping eines Managers, seien ja bereits bekannt. Die Deutschen verließen sich jedoch auf ihren Staat und dessen gut funktionierende Strukturen, und das würde auch so bleiben.

Na ja, abwarten. Wir werden sehen.

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