Susanne am
14. Juni 2012

Berlin formen und gestalten

Neulich saß ich mit ein paar netten Menschen zusammen bei einem Bier draußen, wie das so ist in Berlin im Sommer. Gesprächsthema war die Stadt und ihre Politik, die Berliner Strukturen und ihre Verwaltung vor allem. Also die Bezirke, die Kompetenzen, die Finanzen und so weiter, auch das zur Verfügung stehende politische Personal. Für einen Sommerabend ein ziemlich trockenes Thema, ich weiß. Und sowieso gar nicht so sehr mein Interessengebiet, so etwas nervt und verwirrt mich eher, deshalb hier nicht noch mehr davon.

Auf der Suche nach Spielraum

Aber eines schien mir dann doch relevant, denn immerhin gibt es in diesem Blog eine Rubrik, die heißt: »Stadt gestalten«. Meistens stehen dort Beiträge zu mehr oder weniger umstrittenen Bauprojekten, manchmal etwas zur Gentrifizierung und ihren Folgen und dann noch zur urbanen Gartengestaltung in Berlin. Dabei ist lediglich letzteres ist etwas, was die Menschen selbst in die Hand nehmen, einfach selbst entscheiden. Alles andere schleicht durch diverse Verwaltungen, kreist und kreiselt, taumelt mitunter, und wird schließlich von irgendwelchen Zuständigen irgendwie entschieden. Mehr oder weniger stillschweigend, so das Klischee. Oder wie sonst läuft das?

Wie auch immer, wenn ich darüber nachdenke, dann kommen mir die Gestaltungsräume eher gering vor. Streetart fällt mir ein, in Berlin zum Glück weit verbreitet. Überhaupt die Kunst, das weiß ja sogar unser Armabersexywowi.  Aber das ist lange her, 2003, und es ist mittlerweile wohl recht umstritten. Darüber hinaus erscheint mir der Raum, den Berlin doch immer noch zu bieten hat, weitgehend ungenutzt. Oder irre ich da, stehe ich in meiner Wahrnehmung der Stadt gerade vollkommen auf dem Schlauch, mit beiden Beinen und Nachdruck?

Also: Wie groß ist der Gestaltungsraum in Berlin? Für den Bürger, die Bürgerin, für mich?

Susanne am
8. Juni 2012

Protestcamp gegen zu hohe Mieten weiter aktiv

Aktuelle Infos zum Protestcamp am Kotti gibt es übrigens im Blog Kotti & Co. Und vor Ort ist auch was los, bei Wind und bei Wetter, wie man sieht:

Aktuell ist ein offener Brief an Senator Michael Müller, hier ein kurzer Auszug:

Wir fordern Sie auf, das Problem endlich anzugehen und spätestens für den Herbst eine Konferenz anzuberaumen, die konkrete Vorschläge für eine Umstrukturierung des sozialen Wohnungsbaus in privater Hand erarbeitet.

Bis dahin erwarten wir eine Rücknahme der Mieterhöhungen und eine Wiedereinführung der Kappungsgrenze, was ja höchstens 100 Mio. kosten würde, wie wir nun wissen. Die Kappungsgrenze galt bis 2011 für die 16 „problematischen Großsiedlungen“. Hier hat der letzte Senat bewusst eine „Begrenzung förderungsbedingter Mietsteigerungen” (Mietenkonzept 2009) vorgenommen. Grundlage dafür war die Erkenntnis, dass eine „undifferenzierte Umlage der planmäßigen Förderkürzungen … nicht mehr als sozial verträglich” erschien.
Welche neuen Erkenntnisse liegen Ihnen vor, die eine Umlage der Förderkürzungen mittlerweile als sozial verträglich erscheinen lassen?

Susanne am
7. Juni 2012

Gentrifizierung: Protest gegen Verdrängung und andere Entwicklungen

Leben – Wohnen – Mieten, das ist und bleibt ein Berliner Thema. Zwar gibt es immer wieder die Argumentation, dass es in anderen Städten schließlich auch nicht anders aussähe, München, London, New York werden in dem Zusammenhang gerne genannt. Und dass wir in Berlin noch richtig Glück haben, zurzeit jedenfalls. Das stimmt, und es stimmt auch wieder nicht. Denn man sollte in dem Zusammenhang wohl auch die Löhne einbeziehen und vergleichen. Löhne, die in Berlin bekanntermaßen nicht gerade Spitzenplätze erreichen. Von daher: geschenkt!

Aktuell alles entspannt?

Meine „Mietsache“ hat sich mittlerweile, nun ja, ich sag mal: erledigt. Und zwar in dem Sinne, dass ich eine Teilzustimmung unterzeichnet habe und nun zahlen darf. Im Großen und Ganzen bewegt sich diese Erhöhung in einem erträglichen Rahmen, ich kann und will nicht wirklich meckern. Auch wenn es sicher das eine oder andere Mal eng werden wird, so ist das eben bei Selbstständigen. Für die dadurch bedingten Gehaltsschwankungen zeigt kaum ein Vermieter, Stromkonzern oder Telekommunikationsanbieter auch nur das geringste Verständnis. Ich habe mich also erkundigt, ob Selbstständige Wohngeld beantragen können, mein letzter Steuerbescheid bescheinigt mir rein rechnerisch durchaus eine Berechtigung. Und siehe da, es geht. Also habe ich das gestern gleich mal gemacht.

Währenddessen haben Freunde und Bekannte von mir in anderen Stadtteilen längst gekauft und suchen bereits nach weiteren Objekten. Wenn ich sie so reden höre, klingt das wie eine Ochsentour der ganz anderen Art, die sie diesbezüglich zu absolvieren haben. Die Suche nach den letzten Traumwohnungen in Berlin, denn nicht selten bekommen sie dabei gesagt, dass sie ca. 10 bis 15 Jahre zu spät dran sind. Tja.

Weiterlesen →

Susanne am
4. Juni 2012

Über städtisches Gärtnern in Deutschland

Darüber gibt es einen lesenswerten Artikel im Freitag:

Neben der unverblümten Kritik an den Eigentumsverhältnissen klingt hier der Sex-Appeal des selbstbemächtigten Urban Underground an: Man genießt die Aura, die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten, um dann ganz und gar unorthodox das eigene Umfeld zu gestalten. All das hat das Guerilla Gardening als eine Unterströmung der neuen urbanen Gartenbewegung in der medialen Aufmerksamkeitsskala in den letzten Jahren ganz nach oben geschoben. (weiterlesen)

Susanne am
31. Mai 2012

The Carnival is (never) Over

Der 17. Karneval der Kulturen ist vorbei, was also jetzt noch groß darüber sagen? Außerdem handelt es sich inzwischen um eine Berliner Institution, mit fixen Daten und straff geplantem Ablauf. Ein Tourismus Event, davon schrieb ich ja in der letzten Woche bereits. Und die Bilder, insbesondere die von der Parade, sind auch Jahr für Jahr irgendwie gleich:

Dennoch liebe ich diesen Karneval, allen Kritikpunkten – Kommerzialisierung einerseits und mangelnde Unterstützung der agierenden Gruppen andererseits – zum Trotz. Es ist eine großartige und wichtige Arbeit, die die Werkstatt der Kulturen nicht nur an Pfingsten, sondern über das ganze Jahr hinweg leistet.

Kein Spaß ohne (finanzielle) Schwierigkeiten

Nicht mehr mit dabei war in diesem Jahr die traditionelle Eröffnungsgruppe Afoxé Loni unter der Leitung von Dudu Tucci, Murah Soares und Krista Zeißig, und das hatte einen Grund, der in einem Offenen Brief (PDF) ausführlich dargelegt ist. Darin heißt es unter anderem:

Afoxé Loni sagt nein zu dieser Kulturpolitik der Missachtung, Instrumentalisierung und Ausbeutung von kultureller Vielfalt in dieser Stadt und ihrer migrantischen Kulturschaffenden, die häufig selbst unterhalb des Existenzminimums leben müssen.

Afoxé Loni fordert die Einsetzung eines Karnevalsfonds, an den die Gruppen in einfacher, auch für Nicht-Muttersprachler verständlicher Form Förderanträge für den Karneval stellen können.

Genau das sollte bei aller Multikulti-Begeisterung nicht vergessen werden: Ein solches Großereignis kostet nicht nur Zeit und Geld, vor allem lebt es vom Engagement seiner Akteurinnen und Akteure. Und das sollte vielleicht nicht allzu sehr mit Füßen getreten, äh, ich meine natürlich als selbstverständlich vorausgesetzt werden.

Ich selbst erinnere mich übrigens immer an Pfingsten, wie ich vor Jahren in München zu Besuch war und nachts die Aufnahmen vom Berliner Karneval im Fernsehen sah. Wie gern wäre ich damals mit dabei gewesen, statt unsinnigerweise  in diesem München zu hocken. Nein, ich verrate nicht, warum ich dort war, aber vermutlich war diese blöde Nacht in München der erste Impuls, um mich wenig später zu entscheiden, hier herzuziehen.

Susanne am
24. Mai 2012

Touri go home?

Es ist Sommer in Berlin, und schon sind sie da, überall, die verdammten Touristen. Sie laufen lärmend in Rudeln durch die Straßen, in denen wir leben und wohnen. Und nachts zu schlafen versuchen. Sie stehen ratlos auf den Fahrradwegen herum, auf der Suche nach einem Treffpunkt oder Ziel, in der leisen Hoffnung auf ein zufälliges Taxi vielleicht. Oder sie schleichen vierspaltig über die ganze Breite der wirklich breiten Berliner Gehwege, als seien die eigens für sie so gebaut worden. Friedrichshain wird dabei besonders heimgesucht. Die Zahl der Hostels hier ist enorm, die in Reiseführer verzeichneten „trendigen“ Straßenzüge, Läden und sonstige Lokalitäten nicht mehr zählbar, und überhaupt scheint der Kiez mittlerweile für die Abschlussklassenfahren sämtlicher europäischer Abschlussschulklassen ein Muss zu sein. Es gibt Tage, da ist das unübersehbar.

Menschen machen Lärm

Selbstverständlich ist das vorwiegend Blödsinn, so wie die allgemeine Beschwörung der sich stetig ausbreitende Rollkofferrollenplage. Natürlich gibt es diese nervigen, scheppernden Geräusche zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch hier bei mir. Na und?! Es gibt auf jeden Fall Schlimmeres. Die Getränkelieferungen für den Eckkiosk zum Beispiel, der mehrmals wöchentlich auf Europaletten über das Kopfsteinpflaster gepoltert wird. Und der halbwüchige Junge aus der Nachbarschaft, der jeden Nachmittag direkt unter meinem Balkon mit dem Skateboard übt. Außerdem sind Touristen immer in Berlin, nicht nur zur Sommerzeit, Berlin ist zu jeder Jahreszeit gefragt. Anlässe gibt es schließlich genug, Berlin ist attraktiv und beliebt, und zwar in jedem Jahr ein bisschen mehr. Das freut mich, denn ich finde es gut, in einer solchen tollen Stadt leben zu dürfen. Mal so grundsätzlich gesprochen.

Was tun mit den Gästen?

Die Kampagne Berlin doesn’t love you (1. Bild) spricht allerdings eine andere Sprache, die Alteingesessenen unter den Zugezogenen motzen und meckern wie die echten Berliner. Auch im aktuellen Tip geht man der Sache auf den Grund und stellt treffsicher fest:

Und wenn Reisebusse Touristengruppen durch sogenannte Problemviertel fahren oder Berlin-Besucher schnell in Geschäfte laufen, ein Foto machen und rasch wieder verschwinden, degradiert das uns Berliner zu Ausstellungsstücken und Zoo­bewohnern. Wer an einem Sommerabend müde von der Arbeit kommt und dann in der Tram oder U-Bahn von großen Cliquen beschwipst-enthemmter Party-Urlauber umringt wird, braucht kein dogmatischer Tourismus-Kritiker sein, um sich zu fragen: Wem gehört diese Stadt eigentlich?

[Ach, da ist sie ja schon wieder, diese Frage.] Weiterlesen →