Susanne am
22. Dezember 2008

Kleine Fluchten

In den frühen 80ern, als Berlin noch geteilt und die Westhälfte eine wohldefinierte Insel war, traf ich irgendwo in Süddeutschland auf den allerersten waschechten Berlinermeines Lebens. Dieser hatte die Stadt nach etwa 30 Lebensjahren in Richtung Westen verlassen, angestrengt von der Enge, der Ausweglosigkeit und getrieben von einem Drang nach Freihheit. So zumindest habe ich ihn damals verstanden. Andere haben seinerzeit dasselbe Spielchen exakt umgekehrt betreiben, ich weiß. Er aber fuhr auf seiner alten BWM immer weiter, bis nach Kalinfornien, soweit ich mich erinnere.

Inselkoller! So dachte ich damals.

Doch auch heute noch habe ich den Eindruck, daß Berlin insbesondere eingefleischten Berlinern immer wieder eine kleine Flucht wert ist. Einfach mal raus, gerne bis ans Meer, das ist kein Problem. Das geht ja nun, seit einigen Jahren schon. Aber woher kommt das nur, diese Stadtflucht? Diese plötzliche Sehnsucht nach Luft, nach Weite und Land? Wo Berlin doch eine der angenehmsten Großstädte überhaut ist. Viel Grün, überall, massenhaft Bäume, und besonders viel Lärm ist ebenfalls eher nicht zu vermelden.

Aber vielleicht  muß ich noch ein paar Jährchen Berlin hinter mich bringen, ehe ich diese Vorgänge nachvollziehen kann.

Susanne am
18. Dezember 2008

Streetart in Berlin – Bunte Bilder (1)

Friedrichshain scheint ja eine Streetarthochburg zu sein, und zwar nicht erst seit Robot und Linda, deren Werdegang seinerzeit bei derBloggerin fragmente sehr individuell dokumentiert wurde. Und auch hier im Modersohn-Magazin war natürlich schon die Rede von Linda. Und Neukölln zieht in letzter Zeit aber nach, das ist kaum noch zu übersehen:

neukolln_streetart.jpg

Um wen genau es sich allerdings bei Patrick Schmitt oder Tanz Baer handelt, bleibt einstweilen wohl noch im Dunkeln. Zumal „Straßenkunst“ in weitesten Sinne auch eigenartige Ableger hervorbringt, zum Beispiel das lästige Taggen, ein relativ lächerliches Gebahren. Hündisches Eckenpissen, nannte Günter das jüngst im Hauptstadtblog. Oder aber das durch die Verwendung von Flußsäure zum Teil höchst gefährliche Scratchen. Und wer weiß schon, um was genau es sich bei der obenstehenden Kombination im einzelnen handelt.

Auch die beinah schon klassisch zu nennende Gaffitikunst ist alles andere als unumstritten. Viel wird geredet und geschrieben über die permanente Sachbeschädigung im öffentlichen Raum, insbesondere über die Kosten der Entfernung der bunten Bilder auf S-Bahnzügen und U-Bahnen. Zu Recht. Zudem gibt es immer wieder Hinweise, daß sich die Szene mehr und mehr bewaffnet. Und da hört der Spaß nun wirklich auf. Der nächtliche Besuch von Bahnhöfen, Depots und Gleisen ist doch ohnehin schon alles andere als ungefährlich für die Akteure.

Alles in allem keine guten Begleiterscheinungen, die die vielen bunten Bilder auf unseren Straßen da umgeben. Immerhin, es handelt sich nicht um Werbung, und das macht, zumindest bei mir, doch noch einen satten Pluspunkt aus. Wenn mir auch nicht immer alles gefällt, was da zu sehen ist. Meistens ist sogar das Gegenteil der Fall.

Ausgesprochen lesenswert dazu ist der Artikel von André Görke, der den Tod des Sprayers Kmer in den Mittelpunkt rückt: Im Namen der Dose.

ClaudiaBerlin am
17. Dezember 2008

Arme Polizei!

Gestern war ich als Zeugin wegen eines Warenkreditbetrugs vorgeladen – und zwar in die Polizei-Direktion 6 Südost in der Wedekindstr. 10.  Ich nehme öfter Päckchen für Nachbarn an, wenn diese nicht zuhause sind, und eines dieser Päckchen war anscheinend „betrügerisch bestellt“, jedenfalls wurde es wohl nicht bezahlt und der Empfänger ist nicht mehr auffindbar. Mir gegenüber weisen sich die (stark fluktuierenden) Mieter mit dem Benachrichtigungsschein aus, dann gebe ich ihnen das Päckchen. Was ich  im Jahr 2006 so alles angenommen habe, weiß ich nicht mehr, schließlich muss ich darüber nicht Buch führen.

Diese Aussage dauerte ca. zwei Minuten. Bis sie aber „im Kasten“ war, verging eine gute halbe Stunde: Akte im PC aufrufen, Eingaben in mehreren Fenstern machen, ein Probeausdruck der Aussage, dann das Original zum Unterschreiben – jedes Mal ergaben sich lange Wartezeiten, bis der Siemens-Fujitsu-Computer endlich zu Potte kam. Die Beamtin meinte dazu, die PCs seien hier eben alt, total voll und mit zu wenig Arbeitsspeicher ausgestattet – man sei ja „nur“ die lokale Polizei und an der werde an allen Ecken gespart.

Das war auch am Gebäude zu sehen: Komplett kahle Wände in den Gängen und ein großer Innenhof, dessen Fassaden bröckeln und mit ihrem dreckigen Grau den Eindruck machen, als sei seit dem Krieg da nichts mehr passiert.

Auf eine „Aufwandsentschädigung“ hab ich dann verzichtet. Wenn man bedenkt, dass die Zeit, die die Beamten auf den PC warten, ja auch zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden könnte und auch die Entschädigung der Zeugen geringer ausfiele, würde man da nicht so lang untätig ‚rumsitzen müssen, erweist sich das Sparen an den wichtigsten Arbeitsmitteln als echter Rohrkrepierer!

Susanne am
12. Dezember 2008

Normal Leben in Neukölln

Das Modersohn-Magazin, tief im Herzen von Berlin angesiedelt, hat sich vor ein paar Wochen geöffnet und damit begonnen, auch den ebenso vielgerühmten wie gerne gescholtenen Norden Neuköllns zu thematisieren. Trotz allem kann das natürlich nur in Bruchstücken geschehen, schließlich gibt es so viel anderes zu sagen, in Friedrichshain zum Beispiel. Und dann sind ja da auch noch all den anderen netten Ecken von Gesamtberlin.

Wer mehr wissen will, tagtäglich eintauchen in den Neuköllner Alltag, in das ganz normale Leben hier, sollte vor allem den Rixdorfer Stadtschreiber in Auge behalten. Reportageartig und mit vielen Bildern versehen entsteht hier seit letztem Sommer ein feines Gesamtbild des schönen neuen „Trendkiezes“, in dem auch ich lebe. Und zwar ein ganz und gar untrendiges Bild, das aber ebensowenig zum Gegenentwurf „Problembezirk“ tendiert. Im Gegenteil, solcherlei unsinniger Trendschreibe (vorletzter und letzter Absatz) wird glasklar Kontra gegeben.

Obwohl ich ja diese Weihnachtslichtorgeleien überall überhaupt nicht leiden kann. Ob nun in Neukölln oder sonstwo. Es ist einfach scheußlich, dieses Gedudel.

ClaudiaBerlin am
10. Dezember 2008

Kneipen sollen Gehwege räumen: Berlin wird Provinz

Kaum etwas erfreut Berlin-Besucher so nachhaltig, wie das entspannte Straßenleben in den Berliner In-Kiezen:  Blumenkübel und Markisen vor den Kneipen machen das draußen-sitzen gemütlich. Das Rauchverbot tut ein übriges, um die Straße zum Wohnzimmer zu machen. Und im Winter stehen vielerorts Heizpilze, dass auch keiner friert – ökologisch fragwürdig, zugegeben.

Das alles soll jetzt weg, einschließlich der Gäste anlockenden Speisekartenaufsteller. Wie die Morgenpost berichtete, haben fünf Stadtbezirke beschlossen, tabula rasa zu machen, darunter auch Friedrichshain-Kreuzberg. Na klasse, dann sieht es in Berlin gehwegtechnisch wieder aus wie in Hintertupfingen und alles ist gut!

Susanne am
6. Dezember 2008

Nikolaus?

Nachdem vor einiger Zeit schon erste Spuren dafür auszumachen waren, daß Neukölln sich in Hinsicht auf Weihnachten herauszuputzen beginnt, sind natürlich auch heute deutliche Anzeichen zu erkennen:

nikolaus.jpg

Oder sollte es sich hierbei etwa nicht um den modisch sportlichen Überwurf des Herrn Nikolaus von Myra handeln?